Eine kleine Frau aus Russland steht allein am Straßenrand
Die Tänzerin vom Bolschoi auf Tournee im Engelland
Rennt sie jetzt über die Straße, kann sie nie wieder nach Haus
Und niemand hat sie jemals dort gekannt

Du musst flieh‘n, du musst flieh‘n, in Moskau warten sie auf Dich
Stecken Dich ins Lager, schlagen Dir ins Gesicht
Hier in London bist Du frei, fängst noch mal von vorne an
Du hast ein Kind zuhaus? Das wusst ich nicht.

Und dann raucht sie ihre letzte Papirossa
Saugt voll Gier an dem weißen Halm
Und ein Nebel senkt sich über die kleine Frau
Und ihr Herz versinkt in kaltem Qualm

Ein großer breiter Mann, der an die Decke starrt
Sieben Jahre Lager, der Richter blieb hart
Sieben Jahre für ein Radio, das bis nach London hören kann
Sieben Jahre, grau wurde sein Bart

Das Radio zerschlug man und auch sein Gesicht
Doch die Musik, die er hörte, nahm man ihm nicht
Die Beatles hörte er sieben Jahre lang
Nur in seinem Kopf, und der Kopf, der hielt dicht

Und dann raucht er seine erste Papirossa
Saugt voll Gier an dem weißen Halm
Und ein Nebel senkt sich über den großen breiten Mann
Und sein Herz versinkt in kaltem Qualm

Und dann kommt er mit dem Flugzeug in Frankfurt an
Als Jude, nicht als Russe, den deutschen Ausweis in der Hand
Geht sofort zur Polizei „Ihr habt den falschen Mann
Lennons Mörder, ich hab ihn gut gekannt!“

Er schreit, er tobt, er schlägt, man glaubt ihm einfach nicht
Der herbeigerufne Arzt macht ein ernstes Gesicht
Die Jahre in der Klinik haben ihn nicht überzeugt
Doch dann sitzt da eine Frau im fahlen Neonlicht

Und sie rauchen zusammen Papirossi
Saugen voll Gier am weißen Halm
Und ein Nebel senkt sich über Mutter und Sohn…

Text: Lutz Debus

Originaltext Papirosn von Hermann Jablokoff (1903-1981)