In der Wüste wächst eine Stadt
Kein Holz, kein Stein, nur Maschendraht 
Nur Zelte unterm Himmelszelt 
Ob das dem Lieben Gott gefällt? 
Unter Plastikplanen wird geboren 
Geweint, geflucht und auch gestorben 
Die große Straße in der Stadt 
Nennen sie Champs-Élysées  

Ein kleines Mädchen fleht mich an
Nimm mich mit nach Amman 
Nach Beirut oder nach Berlin 
Nach London, nach Paris 
Meine Mutter liegt im Trümmerfeld 
Mein Vater war bestimmt ein Held 
Brüder, Schwestern, die sind fort 
Soldaten war’n im Ort

Ich flüchtete aus Aleppo
in diese Stadt im Nirgendwo
sie ist ein Trittstein meiner Flucht
aus Krieg, Bomben und Tod.
Den Schlüssel meiner Wohnungstür
Den trag ich immer noch bei mir
Er ist für mich mein Talisman
Für meine Rückkehr irgendwann.  

Zelt an Zelt steht in dem Camp,
das man Za’atari nennt.
Und täglich treffen neue an
Und richten sich im Chaos ein.
Die Wüstenstadt ist unsichtbar
denn keine Karte stellt sie dar.
Uns alle eint die Hoffnung 
auf ein Morgen ohne Not.

Jetzt bin ich wieder in Paris 
Das Leben leicht, das Leben süß 
Cafés, Croissants, Chanel, Dior
Fast alles wie zuvor
Beim Schlendern über’n Boulevard
Für alle andren unsichtbar
Ich habe es sofort erkannt
das Kind am Straßenrand

Text: Wiebke Claussen und Lutz Debus